Nils Pickert: Kindergeschichte Der kleine Baum

20. Februar 2010

Kurzgeschichte – Kindergeschichte – Baum – Bäume – Wald – Jahreszeiten – Frühling – Sommer – Herbst – Winter


Der kleine Baum
© Nils Pickert

Es war einmal ein kleiner Baum, der mit vielen anderen Bäumen in einem riesigen Wald lebte. Die anderen Bäume waren alle größer als der kleine Baum und oft gemein zu ihm. So sagten sie:„Haha, du wirst nie so groß sein wie wir!“
„Das wollen wir doch mal sehen“, sagte der kleine Baum. „Ich glaube, dass ich bis zum nächsten Frühling so viel gewachsen bin, dass ich fast so groß sein werde wie ihr.“
Und es kam der Sommer, der war sehr heiß.
Im Herbst warfen die Bäume ihre Blätter ab.
Der Winter brachte Schnee und Eis.
Und im Frühling war der kleine Baum tatsächlich fast so groß wie alle anderen.
Die Bäume waren überrascht, sagten aber immer noch: „Haha, jetzt bist du zwar gewachsen, aber trotzdem wirst du nie so groß sein wie wir!“
„Das wollen wir doch mal sehen“, sagte der kleine Baum. „Ich glaube, dass ich bis zum nächsten Frühling so viel gewachsen bin, dass ich größer sein werde als ihr alle.“
Und es kam der Sommer, der war sehr heiß.
Im Herbst warfen die Bäume ihre Blätter ab.
Der Winter brachte Schnee und Eis.
Und im Frühling war der kleine Baum tatsächlich größer als alle anderen. Nun war kein Baum mehr gemein zum kleinen Baum, bis auf einen, der immerhin noch fast so groß war wie der kleine Baum. Und der sagte: „Haha, jetzt bist du zwar größer als wir alle, aber du wirst nie so groß sein, dass du mit deinem Kopf und den Ästen daran durch die Wolken reichst!“
„Das wollen wir doch mal sehen“, sagte der kleine Baum. „Ich glaube, dass ich bis zum nächsten Frühling so viel gewachsen bin, dass ich durch die Wolken ragen und sogar auf ihnen schlafen werde.“
Und es kam der Sommer, der war sehr heiß.
Im Herbst warfen die Bäume ihre Blätter ab.
Der Winter brachte Schnee und Eis.
Und im Frühling war der kleine Baum mit seinem Kopf und allen Ästen daran durch die Wolken gewachsen. Dann sagte er sehr laut „Haha“ und legte seinen Kopf auf eine Wolke, um darauf zu schlafen.
Und alle anderen Bäume waren ganz leise.

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Antonia Stahn: Max und Mäxchen

19. Februar 2010
Max und Mäxchen

Max und Mäxchen

Max und Mäxchen und Canor – der einsame Kuckuck
© Antonia Stahn

„So, Mäxchen, du darfst dir noch ein wenig Benjamin Blümchen anhören – bis Papa kommt.“ Sorgfältig deckt Mama ihren kleinen Jungen zu.
„Bitte die Füße extra einmollen, Mama, sie sind heute sooo kalt.“ Einmollen ist Mäxchens Spezialausdruck für Gemütlichkeit.
Mama lächelt und stopft die Decke fest um den kleinen Körper des Jungen. „Gute Nacht, mein Schatz, träum was Schönes.“
„Nacht, Mama, bis morgen.“
Mäxchen kuschelt sich in die Kissen. Ein wenig hört er Benjamin Blümchen zu. Aber eigentlich wartet er nur auf Papa. Er muss ihn etwas Wichtiges fragen.
Eine Weile später klopft es an der Tür. „Wohnt hier der kleine Max?“, fragt eine tiefe Stimme. „Darf man eintreten?“
Mäxchen klettert aus seiner Gemütlichkeit. Er reißt die Tür auf und springt mit einem Satz auf Papas Arm. „Da bist du ja endlich, Papa! Wo warst du heute nur so lange – und erzählst du mir eine Geschichte?“
„Immer mit der Ruhe“, unterbricht Papa. „Zuerst einmal brauche ich unbedingt einen dicken Begrüßungskuss. Der Lkw war kaputt. Die Reparatur hat sehr lange gedauert, mein Junge. Aber das ist jetzt nicht mehr wichtig. Ich bin froh, wieder hier bei dir und Mama zu sein.“
Schnell klettert der Vierjährige wieder in sein Bett und richtet sich nochmals gemütlich ein.
„Du, Papa, ich muss dich etwas Wichtiges fragen. Oma hat gesagt, dass der Kuckuck in diesem Jahr noch nicht gerufen hat. Sie sagt, das ist kein gutes Zeichen. Gutes Zeichen für was? Und warum ruft der Kuckuck eigentlich?“
„Oh, das ist aber ein Zufall! Ausgerechnet heute habe ich in meinem Merkbuch eine Geschichte über einen Kuckuck gefunden. Vielleicht steht die Antwort auf deine Frage in diesem Buch. Möchtest du die Geschichte hören, Mäxchen?“
Mäxchen nickt und kuschelt sich tiefer in seine Kissen.
Das Merkbuch ist gerade mal so groß wie ein Taschenkalender. Trotzdem liest Papa immer wieder neue Geschichten daraus vor. Der kleine Max hat längst aufgehört, sich darüber zu wundern.
Papa setzt die Brille auf und erzählt.

Die Geschichte beginnt irgendwo in einem fernen, fernen Land. Dort lebte einmal ein wunderschöner, schlanker Kuckuck. Lange schon war er auf der Suche nach einer Frau. Er wollte gern eine Familie haben. Aber er war sehr schüchtern. Es gelang ihm einfach nicht, eine Kuckucksfrau anzusprechen – oder besser gesagt, sie mit seinen Rufen anzulocken.
Irgendwann hat der schüchterne Vogel gemerkt, dass er seinen Ruf verloren hatte. Da wurde er sehr, sehr traurig; und er suchte einen Vogelarzt nach dem anderen auf. Doch keiner konnte ihm helfen.
Eines Tages traf er die alte Elster Federleicht im Wald.
„Na, alter Freund, warum so traurig?“, krächzte sie.

wie die Geschichte weitergeht, erfährst du in der nächsten Folge

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Die Geschichte findet sich in dem Buch
Antonia Stahn: Max und Mäxchen
Antonia Stahn
Max und Mäxchen
Kindergeschichten für große und kleine Leser
Mit Illustrationen von Sibylle Rencker
Dr. Ronald Henss Verlag
ISBN 978-3-9809336-7-4

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